9. Neuer Widerstand unter der Bevölkerung Hersfelds

Die Kommissare waren nach Erledigung ihrer Geschäfte von Hersfeld abgereist. Mit größter Zuversicht glaubte Moritz der allmählichen Vollendung der Kirchenreform entgegensehen zu können. Noch während der Anwesenheit der Kommission hatte der Dekan von Rotenburg durch eine Reihe von Predigten, die er in der Hersfelder Stadtkirche hielt, das Volk für die Verbesserungspunkte zu gewinnen versucht. Nach dem Abzug der Kommission war der neue Pfarrer Clebius eifrig bemüht, die ihm aufgetragene Mission getreulichst zu erfüllen. Allein schon die ersten Nachrichten, welche Moritz über den weiteren Verlauf der Dinge in Hersfeld erhielt, gaben ihm die traurige Gewissheit, daß alle seine bisherigen Bemühungen erfolglos gewesen waren. Es wagte sich jetzt langsam der Widerstand hervor, den nur die Autorität des Landgrafen und der Kommission niedergehalten hatte. Eine große Anzahl Bürger erklärte auf das Bestimmteste, daß sie von ihren bisherigen Einrichtungen und dem Katechismus Luthers niemals lassen würden. Pasquillen wurden über Nacht an die Häuser geheftet. Diese Schmähschriften trugen den bittersten Hohn über die landgräflichen Kirchenverbesserungen offen zur Schau. Der hochbetagte Kaplan Abraham Raid, der im Bekenntnis und Dienste der lutherischen Kirche grau geworden war, sprach offen seine Reue über das Ärgernis aus, welches er durch seinen Abfall vom Luthertum der Gemeinde gegeben habe. Er reichte beim Magistrat unter Vorschützung seines hohen Alters, das ihm die weitere Verwaltung des Diakonats unmöglich mache, seine Dienstentlassung ein. Außerdem erhob das Volklaute Klage über den Pfarrer Clebius, dessen schwache Stimme man in der großen Stadtkirche gar nicht verstehen könne. Man forderte den Magistrat auf, für die Berufung eines neuen Pfarrers zu sorgen.




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