7. Wachsende Bedeutung des Handwerks

Die wachsende Bedeutung des Handwerks und der Handwerker zeigt sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1428, in der nämlich neben dem Rat, den Schöffen und der Gemeinde die Handwerker der Stadt gesondert benannt werden. Im Jahre 1528 gestattet Landgraf Philipp, der Großmütige, die Erneuerung der Schmiede-Innung. Philipp hatte dem Abt bei der Niederwerfung des Bauernaufstandes geholfen und für diese Hilfe neben anderen Besitzungen des Stifts die Stadt Hersfeld bis zum Jahre 1550 für sich behalten. In einer Urkunde von 1540 bestätigt Philipp dann, „dass wir Bürgermeister, (Stadt-)Rat, Schöffen, Gemeinde und Handwerk bei all ihrem christlichen Herkommen, ihren Gewohnheiten, Freiheiten und Rechten bleiben lassen ..... wollen ..... .“(„Das Wir dieselbe Burgermeister, Ratth, Scheffeen, Gemein, Unnd Handtwergk, bey allen sölchen Ihrenn alten Christlichen Hehrkommen, gewonheiten, freyheitenn Undt rechten Pleibenn Laßenn, ..... Wollen .... .“) Aus dem Jahre 1563 gibt es eine Bäckerordnung, in der Schultheiß, Bürgermeister und Rat gemeinsam mit dem Bäckerhandwerk festlegen, wie es mit dem Weckbacken, dem Rockenbrotbacken und dem Verkaufen gehalten werden soll. So wird genau festgelegt, wie viele Wecken bzw Rockenbrot von einer bestimmten Menge Mehl gebacken werden sollen und welcher Preis dafür verlangt werden darf. Aus dem Jahre 1583 gibt es eine Ordnung für die Metzger, in der in gleicher Weise festgelegt wird, wie das Fleisch den Kunden im Laden angeboten werden soll und wie viel z.B. Kalb- oder Rindfleisch, Kalbsköpfe und Gekröse kosten darf: „ ..... ein Gekröse (solle) nicht teurer (sein) als zwölf Frankfurter Pfennige bei Strafe eines Ortsguldens, sooft einer solches übertrete .....“ („.... Eyn gekröse Theurer Nicht , Als zwelff franckfurtter pfennige, Bey Straff Eyns orttsguldens so offt eyner solches ubertritte, ..... .“)Im Jahre 1594 erneuert Landgraf Moritz die Zunftbriefe für Metzger, die hier Fleischhauer genannt werden, und die Bäcker. Danach sollen diejenigen, die das Metzgerhandwerk ausüben wollen, eingesessene Bürger Hersfelds sein oder sogleich Hersfelder Bürger werden. Gegen eine Gebühr von acht Gulden können sie Mitglied der „Brüderschafft unndt Innunge“ werden. Wenn aber einer eine Metzgerstochte oder Metzgerswitwe zur Frau nehme, so sollten beide je zur Hälfte diese Gebühr zahlen. Dazu sollen sie dem Handwerk eine „Ziembliche MahlZeit“ ausrichten. Ein Metzgermeister solle ein „Recht Ehekindt“ sein, „sein Ehre wohl bewahret haben“ und „sein handtwergk wohl können“. Wer Bäckermeister sein will, „der soll ein eingesessener burger zu Hirsfeld sein, oder Zustund burger daselbst werden, Und soll ein recht ehekind sein, sein ehr woll bewahret Und das Handwerg bey einem ehrlichen Meister gelernet haben, Und solches mit einem chrifflichen oder andern genugsamen Schein belegen“. Auch für die Mitgliedschaft in der Bäckerzunft und –bruderschaft wird eine Gebühr von zwölf Gulden erhoben, die je zur Hälfte an den Abt und an das Handwerk gehen soll. Und „wan sie beyeinander seindt“, sollen dann jedem Meister ein Maß Wein oder einen Schreckenberger - was immer das auch war - , auch Weck und Käse und zwei Pfund Nüsse gegeben werden. Wenn er aber das Handwerk nicht bei einem Hersfelder Meister gelernt habe, so solle er „Vir maß wein Vor seinen lehrwein geben, Und soll des Handwegs Knecht so lange sein, biß ein ander Meister nach ihme angenommen wirdet.“ Die Mitgliedschaft in der Zunft und Bruderschaft der Krämer und Vorhöcker kostete laut Zunftordnung von 1597 zehn Gulden. Im Übrigen gelten ähnliche Bedingungen wie bei Bäckern und Metzgern. Daneben gab es aber immer wieder Gründe für einen kräftigen Trunk. Wenn einer zum ersten Male zum Zunftmeister gewählt worden war - eine Wahl fand in jedem Jahr zum Himmelfahrtstag statt - , dann hatte er der „gantzen gesellschafft“ vier Maß Wein zu spendieren. Hatte einer einen anderen mit unziemlichen oder ehrenrührigen Worten bedacht, so musste er mit wenigstens zwei Maß Wein büßen. Im Jahre 1597 kommt es unter Vermittlung der landgräflichen Räte M. Berthold Murhart und Johann Breul zu einem Schiedsspruch zwischen den Wollwebern und der Bürgerschaft auf der einen Seite und den Krämern und den Hökerern auf der anderen Seite. Danach soll der Schnitt der wollenen Tuche allein die Sache der Wollweber sein, während sich die Hökerer auf den Verkauf von Bremer Ware beschränken sollen, womit Wahren gemeint sind, die von weit her gekommen sind. Und wie es schon von alters her in Hersfeld üblich ist, soll beiden Seiten „unzimbliche wordte und wercke Verbotten sein“ und beide sollen „allerseits solches Vergessen und bey sich begraben Sein lassen.“ Sicher wegen der Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges zwischen1618 bis1648 hören wir in der Folgezeit nichts über das Handwerk in Hersfeld. Erst aus dem Jahre 1660 liegt dann wieder eine Urkunde vor, durch die der Streit zwischen Hersfelder und Rotenburger Schuhmachern wegen der Errichtung einer neuen Schauordnung beigelegt wird. Dabei ging es um die Festlegung bestimmter Qualitätsmerkmale für Schuhe. Die Zunftordnung für die Schreiner aus dem Jahre 1663, die in vielem den Zunftordnungen der Bäcker und Metzger gleicht, schreibt vor, dass , wer Schreinermeister werden will, „einen Verschlossenen tisch .........., einen Kleiderkasten .......... und entlich einen eichen gefütterten fensterrahmen mit Vier thürlein in alle Vier felds rechts und sollen darunter zwey schaubfenster gegen und neben einander herlaufen und gehen ........“ Im Jahre 1681 werden die Innungsartikel der Hersfelder Schuhmacher durch Landgraf Karl erneuert. Mitglied kann nur der sein – das wird bei allen Zunftordnungen resp. Innungsartikeln immer wieder betont - , wer eingesessener Hersfelder Bürger ist, seine Ehre wohl bewahrt hat und sein Handwerk versteht. Im Jahre 1686 bestätigt Landgraf Karl den Schneidern die Zunftbruderschaft. Wer Meister sein will, muss dies durch Meisterstücke beweisen. Dazu gehören ein paar glatte Hosen aus zwei Ellen Hersfelder Tuch, ein Wams aus vier Ellen Barchent (ein Baumwollflanell), ein Männerrock (eine Jacke also) mit vier spitzen Falten im Rücken, gefertigt aus sieben Ellen Hersfelder Tuch, eine Frauenhaube mit vier Falten auf der Rückseite und eine kurze Reiterkappe. Sollten diese Stücke aber den Meistern nicht genügen bzw. missfallen, so sei der Kandidat abzuweisen. Wer aber in die Zunft aufgenommen wurde, hatte aber in jedem Falle Käse, Wecken (also Brötchen) und Wein zu spendieren. Auch jedes Zuwiderhandeln gegen die Zunftordnung wird mit einer Weinspende geahndet.




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