Daten zur Geschichte Hersfelds I

736 Sturmius (Sturm), aus Bayern stammend, von Bonifatius christlich erzogen, von Wigbert zum Priester geweiht, kommt nach Hersfeld (Haerulfisfeld); er baut ein mit Rinden gedecktes Kirchlein; nach dem Bericht Eigils, eines Freundes des Sturmius, handelte es sich bei diesem Ort um eine verlassene Siedlung am Frauenberg, die sicher einem Manne namens Haerulf gehört hatte; andere Leute müssen in der Nähe gewohnt haben, die Sturmius diesen Namen überliefert haben; Sturmius war in die Einöde Buchonias gezogen, um hier Gott zu dienen, nachdem er unter Abt Wigbert drei Jahre lang als Priester und Heidenbekehrer in der Umgebung Fritzlars gewirkt hatte.
744 Sturmius gründet das Kloster Fulda, nachdem er auf Geheiß des Bonifatius wegen der Nähe der Sachsengrenze weiter in die Buchonia vorgedrungen war.
754 Lullus (Lull), der Angelsachse (* 705 in Wessex), wird Nachfolger des Bonifatius auf dem Bischofsstuhl in Mainz; zwischen ihm und Sturmius entsteht Streit über Privilegien des Klosters Fulda (die Hoheit und Gerichtsbarkeit unterstand nicht dem Mainzer Bischof sondern direkt dem Papst).
769 Lullus gründet aus Konkurrenzgründen zu Fulda ein Benediktinerkloster in Hersfeld, dessen von Sturmius gegründete mönchische Siedlung niemals aufgegeben worden war (Fundamente eines Kirchleins wurden im Südflügel des Querhauses der Stiftsruine gefunden); das Kloster wird den Aposteln Simon Zelotes und Judas Thaddäus geweiht, von denen Reliquien im Kloster ruhten; außerdem wurde nach der Niederwerfung der heidnischen Sachsen durch Karl d. Gr. im Jahre 772 ein der Sachsengrenze näher gelegenes Missionskloster wichtig.




Erzbischof Lullus

(Lullus aus dem Calendarium Annale Benedictinum von P. Aegidio Ranbeck, 1677.)
769 - 786 Abt Lullus
775 Das Kloster Hersfeld wird auf dem Reichstag von Quierzy von Kaiser Karl d.Gr. in seinen und seiner Nachkommen Schutz genommen und mit außergewöhnlichen Vorrechten ausgestattet: das Recht der freien Abtswahl durch die Brüder (Mönche), die Befreiung von jeder bischöflichen (eine Spitze gegen Fulda) und gräflichen Gewalt u.a.; dadurch wird die Abtei dem König unmittelbar unterstellt und die spätere Stellung des Hersfelder Abts als Reichsfürst angebahnt; in geistlicher Hinsicht untersteht die Abtei direkt dem Papst in Rom; reiche Schenkungen Karls an das Kloster (Landbesitz, Ortschaften, Zehntabgaben, Kirchen u.s.w.); nach dem "Breviarium Lulli", einem Zehntverzeichnis, besaß das Kloster in karolingischer Zeit rund 60000 Morgen Land, verteilt auf 193 Ortschaften, von denen 132 Ortschaften mit etwa 3/4 des gesamten Besitzes in Thüringen lagen.
780 Lullus läßt die Gebeine des hlg. Wigbert, des ersten Abts von Fritzlar und Erziehers des Sturmius, von Büraberg bei Fritzlar nach Hersfeld überführen; das Kloster wird dadurch zum Wallfahrtsort.
28.Juli 782 Karl d. Gr. besucht die Abtei Hersfeld.
16.Okt. 786 Todestag von Lullus; er und Witta, der Bischof von Büraberg und Freund seiner Jugend, werden in der Klosterkirche begraben; Lulls Grab ist verschwunden, aber Wittas Sarkophag mit dem steinernen Kopfkissen ist noch heute in der Stiftsruine zu sehen.




Lullusdenkmal auf dem Rathauskumpf: LULLUS HERSFELDIAE CONDITOR, Lullus, Hersfelds Gründer.


Grabinschrift:
Das Grab von Lullus hat sich über die Jahrhunderte nicht erhalten. In einem Fritzlarer Kopialbuch aus dem 15. Jahrhundert befindet sich eine überlieferte Grabinschrift (Epithaphium sanctissimi Lulli patroni nostri), die zeitgenössisch sein und vielleicht sogar von Lullus selbst stammen könnte (Die Ich-Form ist dafür jedoch kein Argument!). Die Verse umfassen vier Distichen:

Lateinischer Text:

Lul michi nomen erat, famosa Britannia mater,

Quae me Romanos misit adire patres.

Post sibi me iunxit doctor Bonifacius almus,

Imposuitque humeris infula sacra meis.

Et dum martirio caelestes scandit ad arces,

Manensi ecclesiae me iubet esse patrem.

Hic mihi sit requies, donec vox alma reclamet:

»Pulvis, qui dormis, surge iubente deo«.


Übersetzung:


Lul war mein Name, in England, dem ruhmreichen, bin ich geboren,

Welches als Pilger nach Rom mich zu den Vätern gesandt.

Danach nahm Bonifaz, der heilige Lehrer, mich zu sich,

Und das Bischofsgewand legt' auf die Schultern er mir.

Als durch den Martyrertod er des Himmels Festung erstiegen,

Ward ich, wie er es gewünscht, Lenker der Kirche in Mainz.

Hier sei mir Ruhe vergönnt, bis ertönt die erhabene Stimme:

»Staub, der du schläfst, steh auf, denn es ist Gott, der dich ruft!«.

( https://de.wikipedia.org/wiki/Lullus_(Lul) )


786(?)(802) - 813 Abt Richulf
798 Abt Balthart
um 800 Da es den Frauen der Klosterhörigen und der Neusiedler bei dem Kloster nicht erlaubt war, das Gotteshaus der Mönche zu betreten, weil es innerhalb der klösterlichen Klausur lag, erbaute man ein Kirchlein auf einer Anhöhe oberhalb des Klosters; es war der Gottesmutter, "Unserer lieben Frau", geweiht und gab daher auch dem Berg seinen Namen: Frauenberg; um 1100 baute man eine größere Kirche; sie wurde später zu einer Klause für freiwillig dienende Frauen und Mädchen ("Beginen"), die sich ohne Ordensregel zum Dienst an Armen und Kranken zusammenfanden; hauptsächlich wurden bedürftige alte Frauen betreut; noch 1531 werden die "Klausnerinnen" auf dem Frauenberg erwähnt, aber schon 1608 erscheint die Klause auf dem Kupferstich von Dillich als Ruine; von dieser zweiten Kirche sind noch Reste des spätromanischen Ostchores vorhanden, die 1958 in den Bau einer neuen Kapelle einbezogen wurden, die der evangelischen Jugendbildungsstätte als Andachtsraum dient.
813 - 820 Abt Brunwart I.
820 Kaiser Ludwig der Fromme nimmt die Abtei Hersfeld in seinen Schutz und bestätigt die Schenkungen seines Vaters Karl.
820 - 840 Abt Bun
831 Unter Abt Bun wird der Bau einer Großbasilika begonnen; schon unter ihm steht die Klosterschule in hohem Ruf; ihr Vorsteher war damals Haimo, der später Bischof von Halberstadt wurde; man glaubt auch, daß zu dieser Zeit der unbekannte Dichter des "Heliand" seine theologische Ausbildung in Hersfeld erhielt.
840 - 875 Abt Brunwart II.
850 Vollendung des Kirchenbaus unter Abt Brunwart.
852 Begründung des Lullusfestes als eines (zunächst) reinen Kirchenfestes zum Gedächtnis des heiligen Lullus anläßlich der Überführung seiner Gebeine in die neue Stiftskirche.
875 - 892 Abt Druogo
892 - 901 Abt Harderat
902(?) - 919 Herzog Otto
912 - 927 Abt Diethart I.
915 Erste Einfälle der Ungarn; der Marktplatz Hersfelds, der früher "Ebenheit" hieß, wird in dieser Zeit der Ungarneinfälle als Fliehburg angelegt; das erklärt möglicherweise seine für westdeutsche Städte außergewöhnliche Größe.
927 - 928 Abt Diethart II.
928 - 932 Abt Burchard I.
932 - 935 Abt Megingoz; er erbaut die Wachsenburg, eine der drei Gleichen, um die thüringischen Besitzungen des Hersfelder Klosters zu schützen; nach Megingoz ist auch das Dorf Mengshausen benannt; sehr wichtig ist die landwirtschaftliche Tätigkeit der Mönche, denn es galt, die Ländereien, die dem Kloster geschenkt worden waren, dem Wald zu entreißen und unter den Pflug zu nehmen; hatte man zunächst wohl nur aus Holz gebaut, so legt man bald Kalköfen an (der Hersfelder Stadtteil Kalkobes hat daher seinen Namen), brennt Ziegelsteine und holt Bruchsteine aus den nahen Bergen.
935 - 959 Abt Hagano
959(?)(960) - 963 Gunther I.
963 - 970 Abt Egilolf
970 - 985 Abt Gotzbert; Verwilderung der Klosterzucht.
985 - 1005 Abt Bernhard; er läßt die harte benediktinische Klosterzucht weiter verkommen.
um 1000 Abt Bernhard gründet ein dem hlg. Petrus geweihtes Kloster auf dem Petersberg.
1005 - 1012 Abt Godehard, vorher Abt von Nieder-Altaich; seine Berufung erfolgt nach dem Tode von Abt Bernhard durch Kaiser Heinrich II., das Recht der hersfeldischen Mönche auf freie Abtswahl mißachtend; Godehard stellt die Hersfelder Mönche vor die Wahl, entweder von nun ab nach den Regeln Benedikts zu leben, oder aber das Kloster zu verlassen; seine Klosterreform hat Erfolg: an die Stelle von Prunksucht und Wohlleben tritt wieder benediktinische Bedürfnislosigkeit; nach Godehard ist der St. Gotthard in den Alpen benannt.
1012 - 1031 Abt Arnold, ehemaliger Mönch von Nieder- Altaich; er gründet ein Kloster zu Ehren des hlg. Johannes auf dem Johannesberg.
1031 Abt Bardo
1031 - 1036 Abt Rudolf
1036 - 1059 Abt Meginher
1038 Abt Meginher läßt die Glocke im Katharinenturm gießen; sie ist die älteste Glocke Deutschlands; Brand der Klosterkirche; der sofortige Wiederaufbau wird begonnen.




Die "Lullusglocke", im Katharinenturm, die älteste Glocke Deutschlands. Sie wird nur einmal im Jahr, zum Lullusfest, geläutet.


1040 Vollendung der Krypta.
1058 Lambert (eigentlich Lampert, von Lamprecht abzuleiten), später als Lambert von Hersfeld bekannt, tritt unter Abt Meginher in das Kloster ein; er war möglicherweise unter den Äbten Ruthardt und Hartwig Leiter der Hersfelder Klosterschule (sie ist nicht zu verwechseln mit dem späteren Gymnasium in dem Gebäude des Franziskaner- oder Barfüßerklosters am Neumarkt); in dem Jahrzehnt zwischen 1063 und 1073 dürfte er die "Vita Lulli", die Lebensbeschreibung des Lullus, geschrieben haben.
1059 - 1072 Abt Ruthardt
1072 - 1090 Abt Hartwig
1073 - 1074 Aufstand der Sachsen und Thüringer gegen Kaiser Heinrich IV., der sein Heer in Hersfeld sammelt; sein Sohn Konrad wird in Hersfeld geboren; dessen vergoldete Wiege soll noch lange an einem der Bögen des Querschiffes gehangen haben (Konrad stellt sich später auf die Seite der Gegner seines Vaters; er wird vom Erzbischof von Mailand in Monza zum König von Italien eingesetzt; er stirbt aber 27-jährig.
1091 - 1100 Abt Friedrich; er stellt Hersfelds erschütterte Stellung in Thüringen wieder her und residiert deshalb zumeist auf der Wachsenburg, wo er auch gestorben ist.
1100 - 1102(?) Abt Günther II.
1102 - 1114 Abt Reginhard
1114 - 1127 Abt Adelmann
1127 - 1155 Abt Heinrich I. von Bingarten; unter ihm erlebt die Abtei einen Höhepunkt ihrer Geschichte; der kaisertreue Abt befindet sich oft auf Reichs- und Hoftagen, und wiederholt ist Kaiser Konrad III. zu Gast in Hersfeld; in der Nähe Hersfelds sammelt sich auch das Heer, das 1139 gegen den aufrührerischen Herzog Heinrich d. Stolzen aufgeboten wurde (Hie Welf! - Hie Waiblingen!); kurzzeitig wird Heinrich auch Abt von Fulda.
1142 Die Stadt Hersfeld wird erstmals als Marktort genannt; durch ihre Lage an der "Reichsstraße", einer alten Handelsstraße zwischen Frankfurt und Leipzig, die hier die Fulda und Haune auf früh erbauten Brücken überquerte, wurde Hersfelds Entwicklung weiter gefördert; während des Marktes stand der Ort unter dem Marktfrieden, der allen Besuchern Schutz für ihre Person und für ihr Eigentum garantierte; äußeres Zeichen des Marktfriedens war oft ein steinernes Kreuz; man darf sicher das vor dem Stift stehende Steinkreuz als ein solches betrachten; den ältesten Grundstock der Bevölkerung hatten die unfreien Bauern- und Handwerkerfamilien gebildet, die dem Kloster gehört hatten; hinzu waren Leute gekommen, die Grundstücke zu freier Leihe gegen Zins erworben hatten; eine dritte Gruppe waren zugewanderte Unfreie, die nach Jahr und Tag, wenn sie von ihrem früheren Herrn nicht zurückgefordert worden waren, frei geworden waren (Stadtluft macht frei); die beiden zuletzt genannten Gruppen unterstanden dem Stadtgericht, dem ein vom Abt eingesetzter Schultheiß vorstand (im Jahre 1431 beschwerte sich der Abt darüber, daß die Stadt auch seine dort ansässigen Eigenleute gezwungen habe, Bürger zu werden); die führende Schicht der aufstrebenden Stadt waren die Tuchkaufleute oder Gewandschneider, wie sie damals genannt wurden; hinzu kamen die Wollweber, die wohl aus Flandern zugewandert waren und in Urkunden kurzerhand als Fleminge bezeichnet werden. Flurnamen wie "Hinter den Flehmen" und der "Vlämenweg" erinnern noch an sie. daneben werden die Zünfte der Leineweber, Lohgerber (Löher), Fleischhauer und Bäcker genannt.
1144 Die neue Stiftskirche wird geweiht; sie ist die größte romanische Hallenbasilika nördlich der Alpen; die neue Kirche ist 103,50 m lang, im Querschiff 56 m und im Längsschiff 31 m breit; der Chor ist 27 m tief; die ganze Kirche bedeckt eine Fläche von über 3000 qm; König Konrad III., der bei der Weihe persönlich anwesend ist, schenkt dem Kloster zur Erinnerung an den festlichen Tag einen Weinzehnten von den Reichsgütern in Ingelheim am Rhein.
1146 Konrads III. Gemahlin stirbt in Hersfeld.
1155 - 1162 Ab t Willibold I.
1162 - 1165 Abt Hermann I.
1165 - 1168 Abt Burchard II.
1168 - 1175 Abt Willibold II.
1170 Hersfeld wird erstmals als Stadt (civitas) und somit als befestigter Ort genannt; die Stadt hatte vier Tore, das Peters-, Johannis-, Frauen- und das Klaustor.
1175 - 1180 Abt Adolf
1180 - 1200 Abt Siegfried; Streit mit Landgraf Ludwig III. von Thüringen über Vogteirechte. Weil die Äbte als Geistliche die Gerichtsbarkeit selbst nicht ausüben konnten, war ihnen schon von Karl d. Gr. ein angesehener, meist in der Gegend angesessener begüterter Laie als Beihilfe in Gerichtssachen (Vogt) beigegeben worden.
1200 - 1214 Abt Johann I.
1214 - 1216(1217) Abt Heinrich II.
1216(1217) - 1239(1240) Abt Ludwig I.
1239 Abt Ludwig stiftet für Arme, Alte und Kranke das Hospital am Johannestor.
1240 - 1252 und 1255 - 1258 Abt Werner
1249 - 1252 Die Stadt wird vorübergehend vom Gegenkönig Wilhelm von Holland als Reichsstadt anerkannt.
1252 - 1254 Abt Heinrich von Fulda
1255 Hersfeld schließt sich dem Rheinischen Städtebund an.
1260/61 - 1278(1292) Abt Heinrich III.
1264 Erste urkundliche Erwähnung Hersfelder Tuchmachereien.
1269 Erste Nennung des Franziskaner- oder Barfüßerklosters.
1278 - 1300 Abt Heinrich IV.
1300 - 1302(1305) Abt Berthold I.
1302(1305) - 1315 Abt Simon I. von Buchenau; Streit zwischen Abt und Konvent um Rechte und Zuständigkeiten.
1315 - 1316 Abt Heinrich V.
1316 - 1320 Abt Andreas
1320 - 1323(?) Abt Heinrich VI. von Romrod
1323 Einweihung der Stadtkirche.
1324 - 1343 Abt Ludwig II. von Mansbach; er beginnt mit dem Bau des "Schlosses zu den Eichen" in der Fuldaaue.
1343 - 1367 Abt Johann II.von Elben; wegen ständiger Finanznöte der Abtei muß er vielerlei hersfeldischen Besitz verpfänden.
1344 Die Stadt erwirbt durch Kauf das Hospital am Johannestor mit Hospitalkirche von der Abtei.
1347 Kaiser Karl IV. verzichtet auf sein kaiserliches Judenrecht zugunsten des Abtes Johann von Elben.
1356 Die Pest wütet in Hersfeld; rund 3000 Bewohner Hersfelds sollen gestorben sein; an sie erinnert eine Tafel in der Vorhalle an der Südostecke der Stadtkirche; weitere Pestepidemien gab es in den Jahren 1410, 1470 und 1486.
1371 Erstmals wird das Rathaus in Urkunden erwähnt; es wurde im 16.Jhd. erweitert; im 17.Jhd. wird das ursprünglich gotische Bauwerk im Stil der Weser- Renaissance umgestaltet und erhält seine schmückenden Giebel.


Rathaus mit Treppchen.


1367 - 1387 Abt Berthold II.von Völkershausen; in seiner Regierungszeit wird das Schloß Eichhof (Wasserschloß) vollendet.
1373 Bündnis zwischen der Stadt Hersfeld und dem hessischen Landgrafen, demzufolge der Landgraf die Stadt in ihren Fehden unterstützt.
27./28.Apr.1378 Vitalisnacht; Abt Berthold von Völkershausen versucht, sich mit Hilfe des Sternerbundes der Stadt Hersfeld zu bemächtigen, um die Stadt zur Abgabe höherer Steuern an die Abtei zu zwingen; Ritter Simon von Haune warnt die Stadt; beim Ersteigen der Stadtmauer wird der Ritter Eberhard von Engern, ein Anführer der äbtlichen Scharen, durch einen Armbrustschuß tödlich getroffen; seine durchlöcherte Sturmhaube hing zunächst am Rathaus, liegt aber heute im Heimatmuseum; Hersfelder Bürger plündern die Wohnungen der Stiftsherren im Stiftsbezirk.
1387 - 1398 Abt Reinhard von Boyneburg
1398 - 1418 Abt Hermann II.von Altenburg
1414 Erneuerung des Bündnisses zwischen der Stadt Hersfeld und dem hessischen Landgrafen.
1418 - 1438 Abt Albrecht von Buchenau; Streit zwischen Stift und Stadt; Verhaftung des Schultheißen Hermann Gerwig; der Abt soll ihn im Kerker des Eichhofs haben verhungern lassen.
1430 Erneutes Bündnis zwischen der Stadt Hersfeld und dem Landgrafen.
1432 Nach weiteren Streitigkeiten zwischen der nun mit der Landgrafschaft Hessen verbündeten Stadt und dem Abt, in denen letzterer immer unterliegt, schließt Abt Albrecht von Buchenau mit Landgraf Hermann einen Erbschutzvertrag, der 1458 und 1490 erneuert wird; danach huldigt das hersfeldische Gebiet mit allen seinen Ämtern, Schlössern und Städten dem Landgrafen als erblichem Verweser, dem alle Plätze offen stehen und alle zu verpfändenden Güter zuerst angeboten werden müssen; der Landgraf verpflichtet sich dafür die vom Stift verpfändeten Schlösser und Ortschaften wieder einzulösen; die Abtei Hersfeld galt von nun an als ein zu Hessen gehöriges Land.
1438 - 1454 Abt Konrad
1439 am 2. Weihnachtstag verheert ein Großbrand den größten Teil der Stadt.
1454 - 1481 Abt Ludwig III. Vitzum von Eckstatt
1481 - 1483 Abt Damion
1483 - 1493 Abt Wilhelm
1493 - 1513 Abt Volpert Riedesel von Bellersheim; er versucht, die Abtei Hersfeld wegen der Zerrüttung ihrer Finanzen mit der Abtei Fulda zu vereinigen, scheitert jedoch am Widerstand der Hersfelder Bürger, die von der hessischen Landgräfin Anna unterstützt werden.
1513 - 1516 Abt Hartmann
1516 - 1556 Abt Krato
1518 Erste Erwähnung eines Heilbrunnens in Hersfeld.
1520 Beginn der Reformation in Hersfeld; der Weltgeistliche an der Stadtkirche Heinrich Fuchs und ab 1523 sein Kaplan Melchior Ringk predigen, daß kein Mensch sich durch eigene Werke den Himmel verdienen könne.
1521 Luther auf seinem Rückweg vom Reichstag in Worms in Hersfeld; er wird von Abt Krato empfangen; Luther predigt - trotz Verbots - auf Einladung des Hersfelder Abtes in der Stiftskirche, wahrscheinlich aber eher in der Stadtkirche; unter dem Eindruck der persönlichen Begegnung mit Luther heiratet Pfarrer Heinrich Fuchs; Abt Krato befiehlt dem Pfarrer und seinem Kaplan deshalb, Hersfeld zu verlassen.



Luther (von Cranach dem Älteren)


17.Dez.1523 Wegen dieser Ausweisung und nach Predigten von Fuchs und Ringk über die sittenlosen Zustände im Stift und in der Stadt (Unzucht, Trunksucht, Gotteslästerung, Zusammenleben in wilder Ehe und Stiftsherren mit Konkubinen) wird das in der Nähe der Stadtkirche gelegene Haus des Stiftskanzlers Schallis geplündert; schließlich dringt das Volk auch in das Stift ein, plündert die Häuser von 9 oder 10 Geistlichen und erpreßt von den Priestern Geld, um es dann in den Schenken der Stadt zu vertrinken; Fuchs und Ringk werden auf Befehl des Landgrafen gefangengesetzt, doch die Hersfelder helfen ihnen aus dem Gefängnis und über die hessische Grenze; wohl bestraft der Landgraf die Plünderer, aber den anderen aufsässigen Bürgern geschieht nichts, und die Flucht wird nicht weiter untersucht.
1524 Der Magister Adam Krafft, der in seiner Vaterstadt Fulda unter großem Zulauf des Volkes im lutherischen Sinne gepredigt hatte und dort von der hohen Geistlichkeit vertrieben worden war, findet in Hersfeld sicher mit Einwilligung des Abtes Krato freundliche Aufnahme; er wird der eigentliche Reformator Hersfelds; Landgraf Philipp ernennt Krafft zu seinem Hofprediger, nachdem er ihn nach der Niederwerfung des Bauernaufstandes hatte predigen hören.
1525 Bauernaufstand; die Bürgerschaft, geführt von Bürgermeister Ottensaß, geht zu den Aufständischen über; während der Abt auf seinem festen Schloß, dem Eichhof, sitzt, stürmt die Menge das Stift, plündert die Abtswohnung, mißhandelt Stiftsbediente und zerstreut, verdirbt und vernichtet vieles; Niederwerfung des Bauernaufstandes in der Hersfelder Gegend durch Landgraf Philipp von Hessen, was er sich vom Abt mit der Oberherrschaft über eine Hälfte Hersfelds und einiger hersfeldischer Amtsbezirke bezahlen läßt; seit dieser Zeit findet sich der hessische Löwe im Hersfelder Stadtwappen (ab 1559 zusammen mit dem Hersfelder Doppelkreuz, dem eigentlichen Hersfelder Wappen) Balthasar Raid, wie Adam Krafft aus Fulda stammend, kommt als erster protestantischer Prediger nach Hersfeld; der Nachbau seines 1563 gebauten Hauses steht in der Unteren Frauenstraße.
1556 - 1571 Abt Michael, der ehemalige Dekan des Stifts Michael Landgraf; er hält sich bereits einen evangelischen Hofprediger.
1560 Bau der Stadtschule in der Kaplangasse (Knabenschule); das Gebäude wird heute vom Diakonischen Werk genutzt.
1570 Gründung des Gymnasiums, die ehemalige ("Alte Klosterschule") im aufgelassenen Franziskanerkloster durch Abt Michael.
1571 - 1588 Abt Ludwig V., der ehemalige Koadjutor Abt Michaels, Ludwig Land au; Streit mit Kursachsen um Lehnsherrschaft in thüringischen Amtsbezirken; er verspricht dem hessischen Landgrafen Wilhelm die zukünftige Administration in Hersfeld.
1588 - 1592 Abt Kraft Weiffenbach (gest. 1595), der allerdings nicht die Anerkennung des Papstes erhält; auch eins der noch verbliebenen Mitglieder des Kapitels und einziger Katholik, Joachim Roell, verweigert die Anerkennung.
1592 - 1606 Abt Joachim (Joachim Roell); er wird durch Mithilfe seines persönlichen Freundes, des Landgr. Moritz von Hessen, Nachfolger Weiffenbachs; durch ihn wird der Übergang der Abtei in hessische Administration begünstigt und herbeigeführt.
1606 Nach dem Tode Abt Joachims, des letzten Abts, wird Otto, der Sohn von Landgraf Moritz, Administrator der Abtei.




Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1572 - 1632) mit Familie


1608 Landgraf Moritz läßt die Bildwerke aus der Stadtkirche entfernen.
1609 Nach Einführung der"Verbesserungspunkte" durch Land- graf Moritz muß Hersfeld den reformierten Ritus anstelle des lutherischen übernehmen; die Hersfelder Bürger sträuben sich zunächst.
1623 - 1625 Tilly, kaiserlicher Feldherr während des 30-jährigen Krieges, in Hersfeld; ein habsburgischer Erzherzog wird Administrator; erneut Mönche im Kloster; in der Folgezeit hat Hersfeld unter dem wechselnden Kriegsglück heftig zu leiden.
1629 - 1631 Wieder kathol.Gottesdienst in der Stadtkirche; mehr als 6000 Einwohner der Abtei werden wieder katholisch.
1648 Nach dem Ende des 30-jähr. Krieges wird die Abtei Hersfeld in ein weltliches Fürstentum mit Sitz und Stimme im Reichstag umgewandelt, das an d ie Landgrafen von Hessen-Kassel fällt; diese sollen deswegen jedesmal beim Kaiser um die Belehnung nachsuchen; im 15. Artikel des Friedensvertrages von Münster und Osnabrück wurden die Angelegenheiten des Hauses Hessen-Kassel geordnet; Paragraph 2 dieses Artikels behandelt die Hersfelder Angelegenheiten.
Sommer 1674 Ein riesiger Mückenschwarm, der an einem Sommerabend um den Kirchturm schwebt, wird von den Hersfelder Bürgern als Rauchwolke gedeutet; da sie herbeieilten, um den vermeintlichen Brand zu löschen, werden sie seither "Mückenstürmer" genannt.
1688 - 1689 Neubau des Gymnasiums (der jetzige historische Altbau der "Konrad-Duden-Schule").
1727 Konrad Mel, Direktor des Gymnasiums, Verfasser vielverbreiteter Erbauungsschriften, Inspektor der Kirchen und Schulen des Fürstentums, Gründer des Waisenhauses, führt den Kartoffelanbau in Hersfeld ein.
20.Dez.1760 Durch Blitzschlag wird die schlanke Spitze des Kirchturms zerstört, der ursprünglich 25 m höher war; die Nöte des Siebenjährigen Krieges lassen eine Erneuerung der Spitze nicht zu, und so versieht man des Türmers Wohnung mit einer stumpfen Dachhaube, die noch heute die Spitze des Turmes ist.
19.Febr.1761 Brand der Stiftskirche und der umliegenden Abteigebäude; Kirche und Abteigebäude hatten den französischen Truppen unter Marschall Broglie als Vorrats- und Verpflegungslager gedient; es lagerten hier etwa 80000 Säcke Mehl, 50000 Säcke Hafer und eine Million Ballen Heu und Stroh; damit dies nicht in die Hände der unter Herzog Ferdinand von Bra unschweig heranrückenden preußischen Alliierten fällt, werden die Vorräte von den Franzosen angezündet; ein riesiges Flammenmeer erhellt den abendlichen Himmel über Hersfeld; der große Turm über der Vierung mit der kupfer-vergoldeten Hand, die angeblich noch von Karl d.Gr. stammte, und der Dachstuhl der großen Kirche stürzen ein; Mehlstaubexplosionen zerreißen die von Säulen getragenen Bögen des Mittelschiffes; Löschversuche sind wegen der großen Hitze und der Furcht vor Plünderungen der abrückenden Franzosen nicht möglich; in wenigen Stunden verbrennt, was in 700 Jahren mit viel Fleiß aufgebaut und glücklich erhalten worden war; noch ein halbes Jahr später schlagen die Flammen den Aufräumenden entgegen; die Ruine der Hersfelder Stiftskirche wird später als Holzmagazin und Exerzierplatz des Infanteriebatallions benutzt; die Hersfelder Bürger holen sich Steinmaterial aus der Ruine zum Bau ihrer Häuser; daß die Ruine nicht vollends zerfiel, ist der Tatkraft und dem Kunstverstand des Landbaumeisters Leonhard Müller zu verdanken, der auch der Erbauer der Luisenschule ist (er verwendete die für den Abriß der baufälligen Ruinenreste vorgesehenen Mittel zur Ausbesserung und Sicherung des noch stehenden Gemäuers); der Renaissancegiebel des einstigen Abtschlosses ist noch erhalten und einem neueren Bau eingefügt.
1798 Für nur hundert Taler erwirbt der Landgraf die farbenprächtigen Fenster der Stadtkirche und verschönert damit die Löwenburg in Kassel.
24.Dez.1806 Nach nur 45 Jahren sind erneut franz. Besatzungstruppen in Hersfeld; Aufruhr Hersfelder Bürger, nachdem ein Sergeantmajor mit seinem Wirt, dem Tuchbereiter Adam Pforr in der Wallengasse, in Streit geraten war; er hatte ihm das vorgesetzte Mittagessen unter den Tisch geworfen, geschimpft und seinen Degen gezogen; Pforr ruft um Hilfe, und während sich die Bürger zusammenrotten, fällt ein Schuß; einer der italienischen Soldaten, die zu den Truppen Napoleons gehören, wird tödlich getroffen; der Hauptmann der Italiener wird zu Boden gerissen, ein Weib schlägt ihm mit einem Knüppel ein paar Zähne aus; die Italiener werden entwaffnet und versuchen zu fliehen, werden aber von den Kalkobesern aufgehalten und von den Hersfeldern im Triumph zurückgeholt; da wird den Hersfeldern bewußt, welche Folgen der Aufruhr für sie haben kann; man versucht, an den Italienern wieder gutzumachen, was sich gutmachen läßt; Bürgermeister Gesing versucht in Begleitung des italienischen Hauptmannes, bei dem französischen Generalgouverneur Lagrange in Kassel Gnade für die Stadt zu erbitten; dieser muß jedoch den Vorfall an Napoleon melden; zunächst wird von den in Hersfeld einrückenden französischen Truppen (auch die mißhandelten Italiener befinden sich darunter) das Haus des Sattlers Georg Seelig an der linken Ecke der Webergasse, aus dem der verhängnisvolle Schuß fiel, unter den Klängen von Militärmusik niedergerissen; danach wird ein ehemaliger hessischer Soldat, Schüßler, bei dem ein französisches Gewehr gefunden worden war, vor dem Klaustor standrechtlich erschossen; die Stadt muß neben den Einquartierungs kosten eine hohe Wiedergutmachungsleistung zahlen (u.a. 5000 Paar Schuhe, 1000 Soldatenmäntel und 5000 Taler); Napoleon, der keinen Aufstand im Rücken seiner Truppen dulden kann, befiehlt außerdem, die Stadt zu plündern und anzuzünden; mit der Ausführung wird der badische Oberstleutnant Johann Baptiste Lingg beauftragt.
20.Febr.1807 Lingg bewahrt die Stadt vor Plünderung und völliger Vernichtung, indem er Napoleons Befehl nur dem Wortlaut nach aber nicht dem Sinne nach ausführte; er wird später für seine humane Haltung von den hessischen Kurfürsten Wilhelm I. und Wilhelm II. mit dem Großkreuz des hessischen Löwenordens ausgezeichnet und geadelt (Lingg von Linggenfeld).
1817 Einführung der Couquerilschen Spinnmaschine, die ausschlaggebend für die Hersfelder Tuchindustrie wurde.
1821 Ende des Fürstentums Hersfeld, das als Kreis Hersfeld dem Kurfürstentum Hessen einverleibt wird; Hersfeld wird Kreisstadt.
1836 Nach den Plänen des Landbaumeisters Leonhard Müller wird die Bürgerschule am Neumarkt gebaut ; in dem Gebäude befand sich seit 1910 eine höhere Lehranstalt, die seit 1912 den Namen Lyzeum (eine höhere Mädchenschule) führte; nach dem ersten Weltkrieg wurde daraus die "Luisenschule, Oberschule für Mädchen.



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